Mobiler Reinigungsroboter für die Produktion
In vielen Bereichen der industriellen Fertigung ist eine kompromisslose Hygiene Voraussetzung. Sowohl die Produktionsanlagen als auch die Räume selbst müssen regelmäßig gesäubert und die Bildung von Biofilmen oder Belägen muss unbedingt vermieden werden. Bis jetzt wird die anspruchsvolle und qualitätsbestimmende Säuberung der Produktionseinrichtungen größtenteils manuell erledigt. Ein neu entwickeltes mobiles Reinigungsgerät, das von Forscherinnen und Forschern des Fraunhofer-Instituts für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV in Dresden entwickelt wurde, säubert die Anlagen und Produktionsräume selbstständig bedarfsgerecht. Ausgestattet mit einem selbst lernenden System erkennt der autonom fahrende Roboter automatisch den Verschmutzungsgrad und wählt die geeignete Reinigungsprozedur aus.
Das Modell gibt es zurzeit in zwei Varianten: Ein Modell fährt auf einem Förderband durch die Produktionsanlage und reinigt diese von innen, die zweite Variante reinigt Boden, Decken und Wände der Räume sowie die Außenseiten der Produktionsmaschinen. Ein ausfahrbarer Roboterarm mit Zielstrahlreiniger erreicht dabei auch höher gelegene Anlagenbereiche. Mobile Cleaning Device 4.0 (MCD) heißt das mobile, modulare Gerät, das autonom durch die Produktionshalle fährt.
In einem gemeinsamen Forschungsprojekt mit dem Fraunhofer IOSB-AST in Ilmenau wird gerade an einem Multisensorik-System für raue Umgebungsbedingungen geforscht, das zukünftig am MCD zum Einsatz kommen soll. Die Besonderheit: Basierend auf der Fluoreszenzmethode scannt und berechnet die installierte Sensorik den Verschmutzungsgrad und passt die Reinigungsparameter wie beispielsweise den Druck und die Menge des Reinigungsschaums entsprechend adaptiv an. Ein Detektor erkennt die fluoreszierenden Schmutzpartikel wie Fette, Öle und Proteine mithilfe von UV-Licht und dosiert den Schaum und das Wasser entsprechend der ermittelten Parameter wie Schichtdicke und Antrocknungsgrad.

Der ausfahrbare Roboterarm des Mobile Cleaning Device 4.0 mit Zielstrahlreiniger erreicht auch höher gelegene Anlagenbereiche
Foto: Fraunhofer IVW
„Möglich werden soll dies durch ein selbst-lernendes KI-System, das die geeigneten Reinigungsparameter auswählt und die Prozessschritte vorgibt“, erläutert Max Hesse, Teamleiter am Dresdner Institutsteil Verarbeitungstechnik, den Vorgang. Bei dem Prozess werden die Daten mit Hilfe einer Simulation in einem virtuellen Zwilling abgebildet. „Die erkannte Verschmutzung wird im virtuellen Zwilling auf das 3D-Modell der Anlage gemappt. In Abhängigkeit des Abstands des Geräts zur Oberfläche kann dann beispielweise der Sprühwasserdruck angepasst und gegebenenfalls reduziert werden – ganz im Sinne der Ressourceneffizienz.“
Der Batteriebetriebene Roboter bewegt sich autark, er ist lediglich durch einen Schlauch, aus dem das Reinigungsmittel zugeführt wird, mit einer Docking Station verbunden. Die Steuerung erfolgt per WLAN. Ausgeklügelte Sensorik ermöglicht im Zusammenspiel mit der KI die adaptive Reinigung. Ein Radarsensor misst selbst durch Sprühnebel und Dampf hindurch, ein Ultrabreitband-Sensor misst die Position im Raum und ein dritter optischer Fluoreszenzsensor übernimmt die Verschmutzungserkennung und vermittelt einen Eindruck der Geometrie des Prüfobjekts – Experten sprechen hier von visueller Odometrie. Basierend auf dem erkannten Verschmutzungszustand und den fusionierten Sensordaten werden Prozessparameter abgeleitet. Anschließend wird bereits während des Reinigungsprozesses geprüft, ob dieser korrekt durchgeführt wurde. Das Prüfergebnis wird im nächsten Schritt an den virtuellen Zwilling weitergeleitet. So optimiert sich das System bei jedem Reinigungsvorgang quasi selbst und gewährleistet einen ressourceneffizienten Reinigungserfolg. „Unsere Tests haben gezeigt, dass man auf diesem Weg bis zu 50 Prozent an Reinigungsmitteln sparen kann, da nur die tatsächlich benötigte Menge an Reinigungsmittel auf die Oberflächen aufgebracht wird“, sagt Hesse. „Beispielsweise kann man das System trainieren, in einem vorgegebenen Zeitraum, z.B. in einer freien Nachschicht im 2-Schichtsystem, möglichst ressourceneffizient zu reinigen. Zusätzlich können erhebliche Effizienzpotenziale erschlossen werden, so dass die bisher für die Reinigung eingesetzten Facharbeiter andere Arbeiten durchführen können, während die MCDs hochparallelisiert die Reinigungsprozesse übernehmen.“ Ein weiterer Pluspunkt: Der komplette Säuberungsprozess wird vollautomatisiert protokolliert und ist durch den hohen Automatisierungsgrad sehr reproduzierbar.
Beide Robotervarianten werden konsequent weiterentwickelt, wodurch die Komplexität der zu übernehmenden Reinigungsaufgaben stetig steigt.
