Intelligenter Schweißroboter für die Kleinserienfertigung
Alexander Kuss, Fraunhofer-Institut (IPA)
Automatisierungslösungen für Schweißprozesse sind in der Großserie etabliert, passen jedoch oft nicht zu den Anforderungen von Produktionen mit kleineren Losgrößen und wechselnden Produktvarianten. Damit auch der Mittelstand von mehr Automatisierung profitiert, hat das Fraunhofer-Institut für Produktions-technik und Automatisierung (IPA) einen Schweißroboterassistenten entwickelt, der exakt zu dieser kundenorientierten, flexiblen Produktionsweise passt. Der Roboter ist Teil des EU-Projekts SMErobotics, in dem Technologiebausteine und Anwendungen für kleinere Produktionseinheiten entstanden sind.
Hohe Variantenvielfalt und kleine Serien erschweren den effizienten Einsatz klassischer Robotersysteme für Schweißprozesse wie auch für weitere Aufgaben in der Produktion kleiner und mittelständischer Unternehmen (KMU). Die Robotersysteme passen mit der aufwendigen Einrichtung und der zeitintensiven Programmierung, die Fachwissen erfordert, nicht zur kundenorientierten Produktionsweise in kleineren Betrieben.
Um KMU dennoch mehr Automatisierung zu ermöglichen, hat die europäische SMErobotics-Initiative intelligente Robotersysteme entwickelt, die speziell auf die Bedürfnisse dieser Unternehmen zugeschnitten sind. Neue Technologien zur intuitiven Programmierung sowie zur robusten sensorüberwachten Programmausführung erlauben Unternehmen, Robotersysteme auch bei Kleinserien effizient einzusetzen sowie den Durchsatz und die Qualität ihrer Produkte zu verbessern.

Schweißnähte sind über ein grafisches System anpassbar

Werkstück-Erkennung und Programm-Generierung erfolgen weitgehend automatisch
Ein Hauptziel von SMErobotics war, dass Anwendungsfachkräfte wie Schweißer Roboter einfach instruieren sowie verlässlich und zeitsparend bedienen können und sich der Programmieraufwand deutlich reduziert. Genau dies ermöglicht die am Fraunhofer IPA entwickelte Software für den Schweißroboterassistenten. Sie nutzt innovative 3D-Sensorik, um Bauteile erkennen und hochgenau lokalisieren zu können. Mit dem Vergleich von CAD- und Sensordaten ist die Lage von Bauteilen im Arbeitsraum mit einer Genauigkeit von weniger als 0,2 Millimetern bestimmbar.
Dank der intelligenten Sensorik ist auch der Umgang mit Ungenauigkeiten in der Umgebung und an Werkstücken unproblematisch. Dies ist wesentlich für KMU, weil Robotersysteme bei Schweißprozessen oft von Hand vorbereitete Werkstücke bearbeiten, die Toleranzen oder Abweichungen zu Konstruktionsdaten aufweisen. Der Einsatz von Sensoren macht zudem feste Vorrichtungen und Halterungen für Werkstücke weitgehend unnötig, was einem kostengünstigen und schnell einzurichtenden System zuarbeitet.
Automatische Programmerzeugung
Das System scannt neue Werkstücke, identifiziert die zu schweißenden Nähte und schlägt dem Schweißer geeignete Parameter für den Schweißprozess vor. Ebenso identifiziert und lokalisiert es bekannte Werkstücke und generiert das Schweißprogramm dann vollautomatisch. Hierbei werden mögliche Kollisionen zwischen Schweißpistole und Werkstück beziehungsweise anderen Komponenten der Roboterzelle detektiert. Automatisch wird eine kollisionsfreie Roboterbahn erzeugt. Die Software berücksichtigt auch Prozessanforderungen wie die Einhaltung der korrekten Schweißwinkel und -geschwindigkeiten. Benötigte Parameter werden, wenn möglich, direkt aus den Auftragsdaten und digitalen Werkstückbeschreibungen berechnet. Andernfalls legt sie der Schweißer fest. Mit dieser Lösung reduziert sich der Programmieraufwand von üblicherweise mehreren Stunden auf wenige Minuten.
Intuitive Bedienung
Die Software ist für unterschiedliche Robotertypen und herstellerunabhängig einsetzbar. Sie verfügt über eine grafische Bedienoberfläche, über die der Schweißer den ganzen Prozess simulieren, steuern und bei Bedarf korrigieren kann. So visualisiert die Software zum Beispiel die vorgeschlagenen Schweißnähte, und der Schweißer kann diese durch Antippen selektieren, die Reihenfolge bestimmen und Parameter bewerten oder anpassen. Damit ist er in der Lage, seinen Erfahrungsschatz und sein Expertenwissen einzubringen und das Robotersystem einfach zu „belehren“. Die Software verbindet die manuellen Änderungen mit Werkstück und Umgebungsdaten und lernt so verbesserte Regeln zur Programmerzeugung. Die Qualität der automatisch geschweißten Nähte kann anschließend sowohl sensorgestützt als auch vom Schweißer bewertet und vom System selbst mit Erwartungen aus den Prozessmodellen verglichen werden. Verfahren zur Prozessoptimierung nutzen die Ergebnisse dieser automatischen Auswertung zusammen mit den verwendeten Prozessparametern und vorher erkannten Werkstückeigenschaften zur kontinuierlichen Verbesserung der Prozessmodelle.
In SMErobotics sind neben dem Schweißroboterassistenten eine weitere Schweißanwendung mit einem Zweiarmroboter sowie Anwendungen für Montage und Holzbearbeitung entstanden. Zudem haben die insgesamt 25 europäischen Projektpartner – darunter Forschungseinrichtungen, Roboterhersteller, Systemintegratoren und Endanwender – Technologiebausteine realisiert, die den Einsatz von Robotersystemen ähnlich wie beim vorgestellten Schweißroboterassistenten stark vereinfachen. Hierzu zählen intuitive grafische Bediensysteme für Montage- und Handhabungs-aufgaben oder die skillbasierende, also auf fertigen Programmbausteinen basierende, Programmierung kraftgeregelter Montageaufgaben. So können Anwender Roboter in anschaulichen Anwendungen instruieren und Roboter effizient nutzen.
Der Schweißroboter kann zusammen mit Systemintegratoren oder direkt beim Mittelstands-unternehmen realisiert und an die spezifischen Prozessanforderungen angepasst werden.
