Elektrischer Strom bringt Metallbauteile aus dem 3D-Drucker hochpräzise in Form
Ob Motoren, Maschinen oder Komponenten: Technischen Konstruktionen bestehen aus einer Vielzahl höchst spezieller Bauteile aus Metall. Damit alles hundertprozentig zusammen passt und härtesten Belastungen standhalten kann, muss jedes Teil perfekt geformt sein. Mit 3D-Druckverfahren ist es heute möglich, komplizierte Bauteile aus Metall herzustellen. Was aber Schicht für Schicht aus dem Drucker kommt, ist oft nicht ausreichend genau für höchste Ansprüche. Und bei manchen Geometrien stößt dieses Verfahren auch schlicht an Grenzen. Ein Forschungsteam der Universität des Saarlandes kombiniert jetzt den 3D-Druck und elektrochemisches Abtragen, um höchste Genauigkeiten zu erreichen.
Durch das elektrochemische Abtragen können selbst komplizierteste Geometrien in härtestem Metall umgesetzt werden. „Es handelt sich um eine schädigungsfreie, berührungslose Fertigungstechnologie, mit der wir komplexe Bauteile und hochfeste Werkstoffe effizient bearbeiten können“, erklärt Professor Dirk Bähre. Die Werkstoffe nehmen, umspült von einer Elektrolytlösung, bis auf den Tausendstel Millimeter exakt die gewünschte Geometrie an – völlig ohne Kraftaufwand oder mechanische Einwirkungen auf den Werkstoff. Die Ingenieure brauchen dafür nur elektrischen Strom. Dieser fließt zwischen einer Vorlage, der Kathode, und der Anode, in diesem Fall dem zu bearbeitenden Werkstoff aus dem 3D-Drucker. Umspült von der stromleitenden Flüssigkeit aus Wasser und Salz werden dabei winzige Metallteilchen abgetragen: Die Metallionen lösen sich aus dem Werkstück und das hochpräzise gewünschte Bauteil entsteht. „Durch Stromimpulse und Schwingungen des Werkzeuges erreichen wir einen besonders gleichmäßigen Abtrag mit sehr glatten Oberflächen und hohen Genauigkeiten“, erläutert Bähre.

Professor Dirk Bähre (links), wissenschaftlicher Mitarbeiter
Foto: Oliver Dietze
Die Forscherinnen und Forscher nehmen die Metalle und auch jeden einzelnen Prozessschritt genauestens unter die Lupe: „Um die Nachbearbeitung zu optimieren, ist ein tiefes Verständnis von Werkstoff und Verfahren notwendig. Wir müssen zum Beispiel genau verstehen, was beim vorangehenden 3D-Druck mit dem Metall passiert. Daher ergründen wir, welche Gefügestruktur dabei entsteht. Indem wir Verfahren und Materialverhalten erforschen, können wir darauf aufbauend die elektrochemischen Methoden weiterentwickeln, um glatte Oberflächen oder komplexe Geometrien in hoher Präzision zu erhalten“, erklärt Bähre.
In einer Vielzahl von Experimenten stellt das Forscherteam hierfür Teile im 3D-Drucker her und ergründet, wie die jeweils passende elektrochemische Bearbeitung erfolgen muss. „Wir betrachten genau das Zusammenspiel der verschiedenen Parameter und ermitteln, wie der Fertigungsprozess idealerweise zusammengestellt ist“, erklärt der Ingenieur. Da kann es etwa entscheidend sein, in welcher Reihenfolge die Prozessschritte erfolgen. Systematisch unterteilen sie alle Einflüsse, machen hochgenaue Messungen und Detailanalysen. Durch diese Forschungen werden viele Stellschrauben ermittelt, mit denen sie ihre Verfahren maßschneidern und die Prozesseinstellungen gezielt anpassen können.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner:
Prof. Dr.-Ing. Dirk Bähre
Lehrstuhl für Fertigungstechnik
Tel. 0681 / 302-3075
E-Mail: d.baehre@mx.uni-saarland.de
