Deutschland bei Künstlicher Intelligenz und Maschinellem Lernen bereits abgeschlagen?
Maschinelles Lernen (ML) ist die Schlüsseltechnologie für kognitive Systeme auf Basis Künstlicher Intelligenz (KI) und damit einer der entscheidenden Faktoren für die globale wirtschaftliche Entwicklung. Während die wissenschaftliche Ausgangslage in Deutschland und Europa äußerst vielversprechend ist, gibt es insbesondere im Hinblick auf den Transfer dieser Technologien in die Praxis deutliche Defizite. Ein Transfer wissenschaftlicher Ergebnisse in konkrete Produkte, Prozesse oder Dienstleistungen findet nur ungenügend statt. Länder wie die USA, China, Südkorea und Japan sind Deutschland bereits weit voraus, was die Patentfamilien im Bereich ML und KI angeht. Um so wichtiger ist es, jetzt nicht noch stärker ins Hintertreffen zu geraten und sowohl in die ML-Forschung zu investieren als auch den Transfer von der Wissenschaft in die Wirtschaft zu fördern.Grundlegend für eine nachhaltige Positionierung Deutschlands und Europas im internationalen Wettbewerb ist die faktenbasierte Auseinandersetzung mit KI- und ML-basierten Technologien. Eine vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Studie „Maschinelles Lernen – Kompetenzen, Anwendungen und Forschungsbedarf“ der Fraunhofer-Gesellschaft ordnet die wesentlichen Begriffe des Maschinellen Lernens ein, gibt einen Überblick zu aktuellen Herausforderungen und künftigen Forschungsaufgaben und stellt Deutschlands Position in der Anwendung von Maschinellem Lernen dar.
Laut der Studie gilt es vor allem, den Einsatz von ML-Techniken in kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) zu fördern und Eigenentwicklungen anzuregen, um hinsichtlich des Rückstands bei den Patentanmeldungen im internationalen Vergleich aufzuschließen. Dies ist insbesondere eine Frage zielgerichteter Informationsangebote, etwa in Form von Best Practices und konkreten Anwendungsszenarien. So zeigen KMU vielfach Interesse an ML-Techniken, sobald ihnen konkrete Einsatzmöglichkeiten mit unternehmerischem Mehrwert aufgezeigt werden.
Die befragten Expertinnen und Experten halten vor allem folgende Forschungsfelder für relevant, in die Deutschland und Europa verstärkt investieren sollten, um sich langfristig im internationalen Wettbewerb erfolgreich zu positionieren:
– „Erklärbare KI“ für bessere Transparenz und Verlässlichkeit ML-basierter Entscheidungsprozesse
– Maschinelles Lernen mit wenigen Daten
– „Informed ML“ – Maschinelles Lernen mit zusätzlichem Wissen von Experten
– Verbesserung der Betriebs-, Cyber- und Datensicherheit sowie der Robustheit von ML-Systemen
Diese Forschungsfelder bieten das Potenzial, Wissen anwendungsorientiert auszubauen, völlig neue Anwendungen zu ermöglichen – von der Industrie 4.0 bis zum Gesundheitssektor – und die wirtschaftliche und gesellschaftliche Akzeptanz zu stärken.
Die Studie betont aber auch vor allem den Fachkräftemangel, denn der Bedarf an Expertinnen und Experten für Datenanalyse in Deutschland ist immens: Aktuell fehlen rund 85 000 Akademikerinnen und Akademiker mit fortgeschrittenen Datenanalysekenntnissen sowie zusätzlich rund 10 000 IT-Spezialfachkräfte in den Bereichen Big Data, Advanced Analytics, Business Intelligence und Data Science.
Handlungsbedarf besteht auch hinsichtlich der Verfügbarkeit von Daten. Gerade im internationalen Vergleich mangelt es in Deutschland an allgemein zugänglichen, verwertbaren Daten. Um Anreize zu schaffen, entsprechende Daten zu generieren und auszutauschen, ist es wichtig, dass Urheber die Kontrolle und Souveränität über ihre Daten behalten. Modelle wie der Industrial Data Space, in dem Unternehmen ihre Daten zum gegenseitigen Nutzen teilen und dabei stets die Kontrolle über die Verwendung ihre Daten behalten, sind hier beispielhaft.
Die Studie „Maschinelles Lernen – Kompetenzen, Anwendungen und Forschungsbedarf“ wird auf der CEBIT 2018 vorgestellt (Fraunhofer Stand Halle 27, Stand E78). Vorab steht sie zum Download bereit unter: www.bigdata.fraunhofer.de/ml-studie
