Deutsche Unternehmen bei der Digitalisierung im Abseits
Nach der neuesten repräsentativen Umfrage unter 603 Unternehmen, die im Auftrag des Digitalverbandes Bitkom durchgeführt wurde, sind in den vergangenen zwölf Monaten deutsche Unternehmen bei der Digitalisierung zwar vorangekommen, bewerten den eigenen Fortschritt aber eher zurückhaltend. So vergeben Geschäftsführer und Vorstände gefragt nach dem Stand der Digitalisierung des eigenen Unternehmens im Durchschnitt nur die Schulnote „befriedigend“. „Die Coronakrise hat uns die Bedeutung digitaler Technologien für Wirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft sehr klar vor Augen geführt. Die Krise ist ein Weckruf, die Digitalisierung nun massiv voranzutreiben“, sagte Bitkom-Präsident Achim Berg.
Nur noch 22 Prozent der Befragten sehen die deutsche Wirtschaft im internationalen Vergleich bei der Digitalisierung in der Spitzengruppe, vor einem Jahr waren es noch 26 Prozent. Für weltweit führend in der Digitalisierung hält Deutschland weiterhin niemand. Zugleich wächst der Anteil derjenigen, die Deutschland im Mittelfeld (von 47 auf 51 Prozent) oder unter den Nachzüglern (von 18 auf 21 Prozent) verorten. „Wir haben uns in der Vergangenheit zu viel Zeit bei der Digitalisierung gelassen. Das Motto des ,Weiter so‘ gilt nicht mehr. Jetzt heißt es, digitale Infrastrukturen aufzubauen, Geschäftsprozesse umfassend zu digitalisieren und neue, digitale Geschäftsmodelle zu entwickeln,“ so Berg.
Dabei wird die Digitalisierung in der Breite der deutschen Wirtschaft positiv gesehen. 9 von 10 Unternehmen sehen sie eher als Chance, nur 5 Prozent als Risiko. Jedes Dritte Unternehmen gibt zugleich an, Probleme zu haben, die Digitalisierung zu bewältigen. Aber nur noch jedes zehnte Unternehmen sieht seine Existenz durch die Digitalisierung gefährdet.
Klar ist aber auch, dass sich die Unternehmen durch die Digitalisierung mit einem verschärften Wettbewerb konfrontiert sehen. Zum einen sind die Unternehmen erfolgreich, die frühzeitig auf die Digitalisierung gesetzt haben. Ebenso drängen neue Anbieter aus benachbarten Branchen mit digitalen Produkten auf den Markt und schließlich auch neue Anbieter aus der Internet- und IT-Branche.
Besonders Besorgnis erregend ist es, dass immer noch 22 Prozent der Unternehmen auf eine Digitalstrategie verzichten. Auffallend: Während alle Unternehmen mit 2.000 oder mehr Beschäftigten über eine Strategie verfügen und nur 7 Prozent der großen Unternehmen mit 500 bis 1.999 Mitarbeitern keine Strategie aufgestellt haben, liegt der Anteil bei kleinen und mittelständischen Unternehmen deutlich darüber. Bei jenen mit 100 bis 499 Mitarbeitern sind es 18 Prozent, bei denen mit 20 bis 99 Mitarbeitern sogar 23 Prozent. „Wer nicht einmal für Teile seines Unternehmens eine Digitalstrategie aufgestellt hat, muss sich schon fragen lassen, ob er seine Existenz mutwillig aufs Spiel setzen will“, so Berg. „Beunruhigend ist, dass zu viele kleine und mittlere Unternehmen, die das Rückgrat unserer Wirtschaft gerade in Krisenzeiten bilden, bei der Digitalisierung auf Sicht fahren. Jedes Unternehmen muss jetzt eine Digitalstrategie entwickeln – und diese dann auch konsequent umsetzen.“
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Manfred Otawa
VDMA Verlag GmbH
